Unna kocht – Stadtfest im September


Seit drei Wochen stellte sich die Frage, was wir am 1. September unternehmen. Zum einen gab es da die Einladung zu einer Fete eines Kunden, der nach abgeschlossenem Großprojekt in seinen Garten bei reichlich Bier und Gegrilltem geladen hatte. Auf der anderen Seite stand das Stadtfest in Unna, das an jedem ersten Septemberwoche stattfindet und Kult sein soll. Hinzu kam, dass Anne auf dem Stadtfest ihren Abschied feiern wollte, weil ihr Studium sie erst einmal nach Valencia führt. Klaas war also nicht davon abzubringen, das Stadtfest sausen zu lassen.

Also schlossen wir einen Kompromiss. Zuerst die Fete, dann das Stadtfest. Muss doch möglich sein, mal auf zwei Hochzeiten zu tanzen.

Gegen 18 Uhr liefen wir zu dritt in Holzwickede auf. Yalcin, Klaas und meine Wenigkeit. Viele bekannte Gesichter erwarteten mich auf der Party, da ich vor zwei Jahren eben an jenem Großprojekt für drei Monate mitarbeiten durfte. Schön, mal alle wiederzusehen. Die Gartenanlage des Gastgebers, direkt hinter seinem Haus gelegen, hatte schon etwas für sich. Über die Terrasse führte ein Holzweg über eine kleine Brücke unter der ein Teich lag. Von dort ging es weiter zu einer Art Blockhütte, die im Stil einer Kneipe eingerichtet war, wie die Beschriftung an der Tür zeigte. Direkt daneben lag die Grillstelle.

Neben normalem Warsteiner gab es auch alkoholfreies Bier. Auch vom Fass. Doch zwei Zapfanlagen sind nicht so einfach unterzubringen. Das Problem wurde durch eine raffinierte Konstruktion gelöst: Das zweite Fass befand sich in einem herkömmlichen Kühlschrank, dessen Oberfläche durchbohrt worden war und aus der dann der entsprechende Zapfhahn ragte. Genial.

Der Schwager des Gastgebers, ein waschechter Italiener hatte dann auch reichlich aufgetischt. Als Vorspeise gab es typisch italienische Platten mit Käse, Salaten, Schinken, Meeresfrüchten, dazu Ciabatta. Hätte eigentlich schon gereicht. Doch der Hauptgang ließ noch auf sich warten. Gegen 21 Uhr gab es dann noch einmal deftig vom Grill. Nach Wahl Lamm oder Rind. Sehr lecker. Wir verabschiedeten uns direkt nach dem Essen, und Yalcin fuhr uns zu Anne, die ebenfalls reichlich aufgetischt hatte. Ich verzichtete zunächst mal auf das Angebot eines Glases Sangria, da ich noch genug Pils, Ramazotti und Caipirinha intus hatte.

Um 22 Uhr brachen wir zu zehnt auf und marschierten zum Bahnhof in Holzwickede. Der Zug brachte uns zum Unnaer Hauptbahnhof, wo es bereits kochte. Das Stadtfest war in vollem Gange. Mehrere Liveacts spielen gleichzeitig. Die Altstadt und Fußgängerzone war brechend voll. Von überall her dröhnte Musik. Alle fünf Meter ein Bier oder Würstchenstand, und auch in den Lokalen tanzte der Bär.

Es ist nahezu unmöglich mit Klaas durch Unna zu gehen, ohne jede Nase lang stehenbleiben zu müssen, weil er irgendeinen Bekannten trifft. So ging es denn auch los. In Höhe der Bühne der Cutting Crew (JA! Genau jene Band, die in der Achtzigern den Hit »Died in your arms« geträllert hat) trafen wir auf einen Freund. Während die Damen es eilig hatten und schon mal in der Menge untertauchten, harrte ich eine halbe Stunde bei Klaas aus. Zwanzig Schritte weiter die nächste Bekannte. Kurzer Smalltalk. Dann eilte uns Betty entgegen, die sich nochmal für die Widmung in »Das Blutreich« bedankte. Oh je, sie hat den Roman noch nicht gelesen, und ich fürchte, wenn sie an die Stelle kommt, an der sie ihr Ende findet, wird sie mich massakrieren.

Der nächste auf der Liste der Bekannten war Georg Thorwarth, Filmproduzent und Bruder des Regisseurs Peter Thorwarth. Kurzer Smalltalk, dann wird es ernst: Er hat das Manuskript zu »Kreatur der Dunkelheit« noch immer nicht gelesen. Ich umreiße nochmals die Story, vor allen Dingen jene Teile, die in Holzwickede und Dortmund spielen. Georg verspricht, jetzt doch mal reinzuschauen, kann aber nicht versprechen, dass er dann daraus ein Filmkonzept entwickelt. Macht nichts, sagte ich. Wenn er es liest, ist es mir schon einmal viel Wert.

Es geht weiter in Richtung Uhr in der Morgenstraße. Dort spielen Les Clochards, und obwohl sie wie die Cutting Crew nur bekannte Hits anderer Künstler zum besten gaben, waren sie doch wesentlich besser als die Engländer. Die Stimmung war ausgelassen, die Menge tobte und trällerte mit zu Hits wie »When the lion sleeps tonight« oder Pink Floyds »Another Brick in the wall«. Inzwischen haben wir die Mädels eingeholt und treffen auf Vanessa und Tim. Tim begrüßt mich mit einem breiten Grinsen und erzählt mir, dass er nur noch 100 Seiten von »Das Blutreich« zu lesen hat. Ich entschuldige mich nochmals bei ihm, dass er gleich im ersten Kapitel den Löffel abgeben musste, aber wir sind uns einig über die persönliche Widmung, die ich ihm ins Buch schrieb:

Nie war Sterben so schön, wie in diesem Roman

Vanessa besorgte erst einmal eine Ladung Altbier. Und dann ging es hinein in die Menge. Die Musik der Clochards machte Gespräche zwar nicht unmöglich, doch man musste schon gewaltig dagegen anbrüllen. Ein Rundschau-Redakteur versprach mir, dass er sich nochmals um den Artikel zum Roman »Das Blutreich« kümmern wollte und Klaas vermittelte mir augenzwinkernd, dass er Vanessas Bruder, der bei Georg Thorwarth in der Filmlehre war, für eine Vampir Gothic Verfilmung gewinnen konnte. Was?! Na egal, die Becher Altbier hatten ohnehin mein Urteilsvermögen getrübt.

Irgendwann nach 1 Uhr brachen Les Clochards dann die Zelte ab. Roadies fuhren vor, um das Equipment einzusammeln. Doch die Party war noch nicht vorbei. Wir verbrachten noch über eine Stunde vor Ort und unterhielten uns. Unnötig zu erwähnen, dass es noch Altbier gab. Gegen 2:20 Uhr war dann Sense. Tim war müde und unser Fahrer, also mussten wir langsam aufbrechen, auch wenn ein Studienfreund von Klaas, der Vietnamese Peter Le, sich gerade für meine Romane zu interessieren begann. Macht nichts, vielleicht sehe ich ihn heute Abend wieder.

Das war mein erstes Unnaer Stadtfest und von der Stimmung, die dort herrschte war ich begeistert. Sehr schön.


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