Nordportugal, 1491.
»Ihr müsst fliehen, Marquesa!« Felipes Stimme war schwach. Den letzten Atem vergeudete er für die Warnung, ehe das Leben aus ihm floh und sein Körper kraftlos in Magdalenas Armen zusammensackte.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte ihr Begleiter neben ihr. Seine Stirn runzelte sich vor Besorgnis. In seinen dunkelgrünen Augen spiegelte sich das gleiche Entsetzen wider, das auch von den anderen Gästen der Taverne Besitz ergriffen hatte. Verrat! Undenkbar noch vor wenigen Tagen, doch jetzt eine unabwendbare Tatsache.
»Wir finden es heraus«, sagte Magdalena und ließ den Toten los. »Seid Ihr dabei, Freiherr von Patten?«
Der Adelige sah sie einige Momente an und rieb sich mit der Rechten nachdenklich über den Kinnbart. »Als ich Baron Dehollander versprach, Euch mit meinem Leben zu schützen, habe ich nicht an eine Selbstmordmission gedacht. Aber er hatte Recht, Ihr seid jedes Opfer Wert, Mylady.«
Magdalena schenkte ihm ein knappes Lächeln und ergriff seine ihr dargebotene Hand. Am Ausgang der Taverne wandte sich die Vampirin noch einmal um. Ihr Blick schweifte über die Anwesenden, bis er den Wirt fand.
»Wartet nicht, bis wir zurück sind«, sagte Magdalena. »Wir benachrichtigen Euch, sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten.«
Ulrich von Patten zog sie mit sich und ließ die Tür der Schänke hinter ihnen ins Schloss fallen. Draußen empfing sie die warme Luft des Sommers mit den Düften von Pinien und Meer.
»Hier entlang!« Von Patten deutete nach rechts zu den Stallungen, doch bevor er den Weg einschlagen konnte, lief Magdalena in die andere Richtung los. Der Saum des langen Kleides schleifte über den staubigen Boden. Ein Bürger drehte sich nach ihr um und übersah eine Stufe zum Eingang einer Backstube. Er stolperte, fluchte im Fallen und schlug der Länge nach zu Boden. Bevor Magdalena in einer Seitengasse verschwand, zügelte ein Bauer seine Pferde, die angesichts der über die Straße eilenden Frau durchzugehen drohten. Der anhängende Kutschwagen geriet kurz ins Schleudern, ehe der Mann auf dem Bock die Tiere unter Kontrolle bekam und an der Zufahrt zu der Gasse vorbeisprengte.
Nur von Pattens scharfe Augen sahen, wie Magdalenas Gestalt zerfloss und sich in einen schwarzen Schemen verwandelte, der an der Hauswand entlang glitt und dann in die Höhe schoss.
»Also dann eben auf die alte Art«, murmelte der Freiherr und tat es der Vampirin gleich.