„Tut mir Leid, Jungs.“

„Wir kennen uns von früher …“, so begegneten wir uns irgendwann auf Facebook wieder. Es hat eine Weile gedauert, bis ich Ulrich Bettermann mit einer alten Microsoft Spaces Bekanntschaft mit dem Namen Ichbins44 in Verbindung gebracht hatte. Damals waren wir beide noch Team XBox, das hatte sich inzwischen geändert. Ulrich hatte sich Sony verschrieben, ich bin den Redmondern treu geblieben.

Das erste Mal live begegnet sind wir uns dann 2018 auf dem Marburg Con.

„Wir kennen uns von der Playstation“, begrüßte Ulrich meinen Sohn, der ausnahmsweise mal zu einem Con mitgefahren war. Und tatsächlich, denn hauptsächlich spielte mein Sohn mit der Playstation und da ich Ulrich als Freund hinzugefügt hatte, haben sie sich zumindest dort einmal virtuell über die Freundesliste getroffen.

Seit dem Marburg Con 2018 wurde aus dem lockeren Spaces und Facebook-Kontakt ein intensiverer. Ulrich gründete die What’s App Gruppe … scheiße, ich weiß nicht mehr, wie sie ursprünglich hieß, ich kann auch vor lauter Tränen kaum diese Worte tippen oder klar denken.

Nennen wir sie „Irgendwas of Dr. Boom“. Dirk van den Boom, Oliver Naujoks, Michael Gierse und ich stießen dazu. Und was vorher ein täglicher Austausch zwischen Dirk, Oliver und mit in der WA-Gruppe „Rasselbande“ war, wurde nun zu einem neuen Austausch, zu dem sich eben Ulrich und Michael noch gesellten.

Irgendwann setzte sich mein Eichhörnchen-Spruch durch, der eigentlich gar nicht von mir stammt, sondern von einem früheren Arbeitskollegen. „Du Eichhörnchen“. Sind wir nicht alle ein bisschen Eichhörnchen? Ulrich machte Nägel mit Köpfen und benannte die Gruppe um. Da schon das „of Dr. Boom“ stand, musste was Englisches her, aber Squirrel hört sich nicht so dolle an. Wir wurden die Chipmunks of Dr. Boom.

1 1/2 Jahre lang. Politik, Sport, Filme, Fernsehen, Musik, Ethik, Soziales, Weltgeschehen – wir diskutierten über alles. Wir lachten zusammen, wir stritten zusammen. Wir regten uns zusammen auf, wir freuten uns zusammen.

Im Dezember 2018 gabs noch einmal ein Treffen, diesmal in Dortmund. Und wir schmiedeten Pläne für eine Grillfeier in Ulrichs Garten für 2019 – zu der es leider nie gekommen ist.

Die Schockdiagnose, dass Ulrich an Krebs erkrankt war, traf uns alle hart. Wir verschoben unser angedachtes Treffen und hofften, es dieses Jahr nachholen zu können. Ulrich war auf dem Wege der Besserung, so hofften wir. Doch dann kamen gegen Ende des Jahres wieder schlechte Nachrichten. Schmerzen. Neue Untersuchungen. Neue Behandlungen.

Dann, letzte Woche … eine neue Diagnose. Seine Krankheit war nicht mehr zu stoppen, nicht operabel, nicht heilbar.

„Tut mir Leid, Jungs“, schrieb er in seiner unnachahmlichen Gelassenheit. Wenn ich mit den Chat-Verlauf so durchschaue, sieht es aus, als würde Ulrich stets über allen Diagnosen stehen. Aber da steckt man nicht drin und wie er wirklich gedacht und gefühlt hat, werde ich nie erfahren.

Nicht mehr viele Monate sollte es dauern. Dass es dann so plötzlich kam, sitzt mir tief in den Knochen und der Seele.

Ulrich ist heute von uns gegangen. Und während mir die Tränen überquellen, habe ich immer die Bilder seiner Frau und seiner vier tollen Kinder vor Augen, die viel, viel, viel zu früh ihren Papa verloren haben. Warum? WARUM?

Lieber Ulrich, danke für die wundervollen Tage und Stunden, die du uns Eichhörnchen mit deinen Worten und deiner Teilnahme geschenkt hast. Danke für die vielen Fotos. Danke für die Aufmerksamkeiten zu Weihnachten. Danke, dass du da warst!

Wo immer du steckst, halte den Controller warm. Irgendwann sehen wir uns wieder und dann zocken wir so richtig und führen unsere Gespräche fort. Und ja, du darfst auch Nölen. Nöle so viel wie du willst, ich werde dir nicht uns Wort fallen.

Dein Freund,
Martin

2 Gedanken zu “„Tut mir Leid, Jungs.“

Hinterlasse einen Kommentar