Vor neun Monaten habe ich Eileen Hannigan und ihr Team in einen Schlamassel geritten, aus dem sie bis heute noch nicht herausgekommen sind.
Das muss ich jetzt schleunigst ändern. Zu Beginn muss ich allerdings erst wieder in den Roman hineinkommen. Dazu hilft am besten ein „Last time on logfiles you saw“:
Gwen griff in ihre Jackettasche und zog ein GAOS-Smartphone hervor – ein modifiziertes 6-Zoll-Phablet mit ihrem eigens entwickelten Betriebssystem. Rasch entsperrte sie den Schirm und berührte den grünen Icon-Kreis, der ein Menü mit Optionen öffnete. Dort wählte sie ein Lautsprechersymbol mit der Bezeichnung RING aus.
„Was tun Sie?“, fragte Sacray.
Gwen nagte an der Unterlippe. „Eileen ist mit den anderen Gaia-Engeln unterwegs. Ich muss sie warnen.“
„Es ist nicht ratsam jetzt …“
Gwen blickte hoch. „Verstehen Sie nicht? Diese vier da draußen waren an Bord der Belle Aire, genau wie die vier, die mit Eileen gegangen sind. Ich muss sie warnen!“
Sacray verzog den Mundwinkel und nickte kurz.
Gwen berührte das Symbol und das Telefon wählte eine vorprogrammierte Rufnummer, die eine Relaisstation anfunkte und sich mit einem alten NSA-Satelliten verband, den der frühere General von Atlanta für seine Ostküsten-Aktivitäten genutzt hatte. Die NSA hatte das Auge am Himmel längst abgeschrieben, nachdem Gwen vor drei Jahren ein Virus in die Steuereinheit eingeschleust hatte. Der Verbund kontrollierte im Prinzip sämtliche Überwachungssatelliten der Nachrichtendienste und des Militärs, aber ihr General war damals schon der Meinung gewesen, es wäre besser, ein für seine Brüder unabhängiges System nutzen zu können.
Recht hat er gehabt, dachte Gwen, während sie darauf wartete, dass der Satellit ihren Anruf weiter an Eileen Hannigans Headset schickte.
Die Verbindung kam nicht zustande. Gwen fluchte verhalten und versuchte etwas anderes. Sie lenkte das Signal um ins Dungeon. Der dort von ihr programmierte zentrale Rechner löste einen internen Anruf an den Empfang aus und aktivierte eine Rufweiterleitung, die direkt zum Alten Mann führte – oder zumindest zu seiner Assistentin Samantha Burkh. Die wahre Herkunft von Gwens Terminal im Brainloft wurde durch die Weiterleitung verschleiert. Selbst wenn jemand das Signal hätte zurückverfolgen können, wäre er nur bis zu Gwens Büro im Dungeon gekommen. Dass der Anruf über einen nicht mehr existierenden Satelliten, der als Relais für ein Smartphone diente, getätigt wurde, konnte niemand feststellen.
„Sam Burkh“, meldete sich die rauchige Stimme der Vorzimmerdame Admiral Hendersons. „Ich hoffe es ist wichtig, Patty, der Admiral ist in einer Besprechung.“
Patty war offensichtlich eine der Soldatinnen, die in der Kommunikationszentrale arbeiteten.
„Hier ist nicht Patty“, sagte Gwen. „Gwendolyn Stylez.“
„Oh, sind Sie denn schon wieder zurück? Ich …“
„Ich bin in Camp David und muss dringend Major Hannigan erreichen. Es geht um Leben und Tod. Aber die Verbindung kommt nicht zustande.“
„Kleinen Moment, Gwen. Ich stell Sie direkt durch.“
Kurz darauf erklang der raue Bass des Alten Mannes durch den Lautsprecher. „Mädchen, was machen Sie für Sachen?“
„Ich bin unschuldig.“
„Das lässt sich ändern.“
„Sir, lassen Sie das! Wir sind in Camp David in einen Hinterhalt von G-Dawn geraten und stehen unter Beschuss. Einige Secret-Service-Agenten sind bereits tot.“
„Soll ich Verstärkung schicken?“, fragte Henderson. Die Tonlage seiner Stimme hatte sich von Jovialität zu ernster Sorge gewandelt.
„Haben Sie denn jemanden in der Nähe?“
„Prüfe ich. Ich schicke Ihnen jemanden. Irgendwen!“
„Die werden vermutlich nicht rechtzeitig hier sein“, sagte Gwen gepresst. „Ich muss aber Major Hannigan und ihr Team warnen. Die anderen vier der Gaia-Mädchen, die an Bord der Belle Aire waren, sind bei ihr.“
„Verstehe.“ Henderson schnaubte. „Da gibt es ein kleines Problem.“
„Was?“ Gwen merkte, dass Sie das Wort lauter als beabsichtig hervorgestoßen hatte. Sacray, die First Lady und Agent Baker starrten sie fragend an.
„Ghosts Team hat für eine Stunde Funkstille angeordnet. Wir bekommen sie jetzt nicht an die Strippe.“
„Aber Sie müssen irgendetwas tun können!“ Gwens Finger verkrampften sich um die Hülle des Smartphones. Kunststoff knarzte.
Sie hörte Hendersons tiefes Einatmen am anderen Ende. „Vielleicht. Ich hab da eine Idee. Halten Sie in Camp David durch. Ich schicke Ihnen Hilfe.“
Die Verbindung wurde unterbrochen. Gwen schob das Phablet zurück in die Jackentasche und begegnete Sacrays fragendem Blick.
„Und?“
Gwen schüttelte langsam den Kopf.
„Was heißt das?“, kam die Frage von der First Lady und Agent Baker synchron.
Gwendolyn Stylez wartete zwei Atemzüge, ehe sie antwortete.
„Wir werden uns den Weg freischießen müssen.“
And now … the conclusion.