Mittagspause. Bevor die Damen sich nebenan endlich durchringen, ein wenig frische Luft zu schnappen oder sich einen kleinen Imbiss zu besorgen, bekomme ich noch eine Diskussion über „Mir ist zu warm“ und „Mir ist zu kalt“ mit.
Das Übliche halt, wenn zwei Frauen oder ein Mann und eine Frau in ein und demselben Büro sitzen.
Die Kolleginnen, nennen wir sie der Einfachheit mal bei einem fiktiven Namen, also hm … sagen wir Ella Becker (ohne Rundschlag) und Vanessa I.
Ella ist es zu warm. Vanessa zu kalt. Vanessa dreht die Heizung hoch, Ella reißt das Fenster auf. Dramatik pur. Nur der Bürohund Bizkit (sorry FFN) nimmt das Ganze mit mehr als nur stoischer Gelassenheit auf und denkt sich vermutlich seinen Teil – oder auch nicht.
„Du Martin, wir haben uns überlegt, dass wir hier dringend eine Trennwand benötigen, damit wir zwei Klimazonen schaffen können“, sagt Vanessa. „Kannst du da bitte einen Investantrag stellen.“
Also schön. Wenn man mich so fragt, dann spiele ich das Spiel natürlich mit.
„Mädels.“ Wichtig ist dabei der Neunmalkluge, aber nicht besserwisserische, gleichzeitig aber doch belehrende Tonfall, der keinen Zweifel daran lässt, dass ich weiß wovon ich spreche, auch wenn ich es nicht weiß.
„Ihr braucht keine Trennwand. Klima funktioniert so.“ Um die Sache überzeugend rüberzubringen, hebe ich belehrend den Finger und untermale meine Worte gestenreich. Dirk van den Boom wäre ob meiner rhetorischen Fähigkeiten vermutlich so beeindruckt gewesen, dass er mich als Gastredner an die Uni Münster eingeladen hätte. „Vanessa, du erzeugst eine Hochdruckzone, indem du die Heizung aufdrehst. Ella, du musst dafür sorgen, dass genügend kalte Luft durchs Fenster kommt. Damit erzeugst du eine Tiefdruckzone. Treffen die beiden aufeinander, stoßen sie sich gegenseitig ab – auf Ellas Seite bleibt es kalt, auf Vanessas Seite kuschelig warm.“
„Aber…“, wirft Vanessa ein, während Ella mich mit großen Augen anschaut, ein Blick, der mir sagt, dass sie mir jedes Wort abgekauft hat.
„Die Kunst“, fahre ich fort. „Ist es, den genauen Punkt am Thermostat und den Öffnungswinkel des Fensters zu bestimmen, damit beide Klimazonen genau in der Mitte eurer Schreibtische aufeinander treffen. Ihr seht, ihr braucht keine Trennwand.“
Schmunzeln.
Aber ich hab es wohl zu weit getrieben.
„Und was ist, wenn wir soviel Druck aufbauen, dass eine Gewitterfront entsteht?“, fragt Vanessa.
Ella nickt kräftig. „Dann haben wir hier plötzlich einen Tornado über unserem Schreibtisch!“
„Ich sehe dann ja an den Blitzen aus eurem Büro, dass es heftig wird und … äh … hole euch dann da rechtzeitig raus in mein Büro rein.“
„Boah, überleg mal, so ein Tornado über dem Schreibtisch, der reißt doch alles weg!“ Vanessa ist außer sich über diese Theorie.
„Das wäre ja einen Bericht in der Zeitung und im Fernsehen wert“, sagt Ella. „Schreibtisch von Tornado verwüstet.“
Okay, es wird Zeit, die Damen an das nahende Ende der Pause zu erinnern. Nächstes Mal besser meinen Mund halten 😉