Hörbuch ist nicht gleich Hörbuch!

Das A und O eines Hörbuchs ist der Sprecher, bzw. der Erzähler oder Vorleser, wobei es ersteres eher treffen sollte.

Seit einigen Jahren höre ich Hörbücher beim Autofahren über die Audible App – so schafft man wenigstens ein gewisses Lesepensum, wenn man schon nicht dazu kommt, selbst zu lesen. Doch das Vorlesen lassen kann sehr schnell langweilig werden, wenn die Art und Weise des Vorlesens nicht perfektioniert ist.

Leider erlebe ich das immer wieder, dass mir ein Sprecher oder eine Sprecherin überhaupt nicht zusagt, mir die Stimme nicht gefällt (sympathisch ist) und ich eher ein montones Ablesen aus dem gesprochenen Wort heraushöre, denn ein spannendes Nacherzählen.

Es gibt sicherlich Dutzende von interessanten Büchern, die ich mir gerne vorlesen lassen würde, doch ich schrecke nach der Hörprobe meist zurück.

Vielleicht bin ich auch zu verwöhnt.

Meine ersten Hörbücher war die epische Saga vom Lied von Eis und Feuer, vorgelesen, bzw. eher nacherzählt von Reinhard Kuhnert. Der gute Mann hat es geschafft, der Story so viel Leben einzuhauchen, indem er über Stunden und Aberstunden hinweg in den Dialogen den Charakteren jeweils unterschiedliche Stimmen gegeben hat. So einprägsam, dass man als Zuhörer immer wusste, wer gerade sprach. Ob es Tyrion Lannister war, Bram, Jon, der Bluthund, Arya – einfach perfekt. Die Dialoge waren zudem natürlich gesprochen, nicht abgelesen.

Sehr gut beherrscht wird diese Technik auch von David Nathan (Synchronsprecher v. Johnny Depp und Christian Bale; während sein Vater Michael Pan eigentlich immer gleich klingt) und Simon Jäger (Synchronsprecher von Matt Damon).

Simon Jäger liest alle Bücher von Sebastian Fitzek so gekonnt, dass man hautnah dabei ist und fast das Gefühl hat, ein Hörspiel zu hören. Ist während eines Dialogs herauszulesen, dass der Protagonist gerade isst, sich in einer Bar befindet, eine Zigarette raucht oder ähnliches, hört man dies in den Dialogen heraus. Ein tiefes Einatmen, das Ausstoßen von Rauch, Kauen, Schlucken, das haben sowohl Jäger als auch Nathan drauf – die beiden höre ich unheimlich gerne.

Ich hatte eigentlich die Hoffnung, mit Detlef Bierstedt (Synchronsprecher von Johnathan Frakes, George Clooney) nichts falsch machen zu können, denn seine Stimme höre ich in Synchros sehr gerne.

Also begann ich gestern mit Dark Zero, einem Roman von Douglas Preston. Leider bin ich bereits versucht, abzubrechen und den Roman auf dem Kindle weiterzulesen, statt ihn mir vortragen zu lassen.

Bierstedt liest vor, er erzählt nicht. Monoton. Zum Einschlafen. Keine Intonierung. Flach. Auch die Dialoge, zäh und langweilig gesprochen. Manchmal braucht es eine Weile, um sich mit dem Erzähler vertraut zu machen. Das Phänomen hatte ich bei Daniel Suarez Roman Control, vorgetragen von Uve Teschner. Doch nach einer halben Stunde hatte ich mich an die Stimme Teschners gewöhnt und fand gerade seine kühle Interpretation der künstlichen Intelligenz Alexa hervorragend umgesetzt.

Aber Bierstedt will auch nach mehr als einer Stunde des Zuhörens nicht mit mir warm werden, oder umgekehrt. Hinzu kommt eine deutlich hörbare Kurzatmigkeit, die jedes Einatmen vernehmen und erahnen lässt, dass der gute Mann gleich ein Sauerstoffzelt benötigt.

Ja, ein Autor sollte seine Bücher nicht selbst vortragen. Wenn Fitzek im Anschluss das Nachwort liest, weiß ich, warum er nicht der Erzähler seiner eigenen Geschichten ist. Ich selbst würde mich auch nicht lesen wollen und es lieber einem Profisprecher überlassen, meine Romane mit Würde und Spannung vorzutragen.

Aber das Hörbuch steht und fällt mit dem Erzähler und Detlef Bierstedt, Heikko Deutschmann (hat Schätzings Limit gelesen) oder  Michael Pan (hat World War Z gelesen; hier spricht  auch sein Sohn David Nathan, dazwischen liegen jedoch WELTEN!) gehören leider nicht dazu.

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