#autorenleben – Zurück zu Word

Zum Schreiben benötigt man neben Ideen und einer gewissen Affinität zu Worten und Sätzen vornehmlich zwei Hardwarekomponenten: Ein Blatt Papier und ein Gerät oder Werkzeug, um dieses zu beschriften. Nennen wir es Füllfederhalter oder Kugelschreiber.

Natürlich hat sich die Art des Schreibens im Laufe der Zeit gewandelt. Vom Federkiel zum Bleistift, vom Bleistift zur Schreibmaschine zum Computer. Und letzterer ist wohl in der Regel das Gerät, auf dem heutzutage Manuskripte entstehen.

Streng genommen benötigt man hierzu auch nur eine entsprechende Anwendung, die es einem ermöglicht, Texte festzuhalten. Ein einfacher Editor wäre ausreichend.

Doch der Autor oder die Autorin möchte natürlich beim Eintauchen in seine oder ihre Geschichte und dem Festhalten der Szenen, die sich vor dem geistigen Auge abspielen, auch einen gewissen Komfort nicht missen.

Schriftart, Schriftgröße, Darstellungsarten, Gliederungen, Schreibfluss und Tempo … ihr ahnt, worauf ich hinaus will. Ein Editor mag eine rudimentäre Textverarbeitung sein, aber eine echte kann wesentlich mehr.

War es früher noch ziemlich egal, in welcher Textverarbeitung man seine Gedanken niederhielt, weil man die geistigen Ergüsse ja ohnehin ausdrucken und dann versenden musste, so ist das digitale Zeitalter auch längst bei Verlagen angekommen. Die meisten wollen Exposé, Leseprobe und Manuskript gar nicht mehr auf totem Holz erhalten, sondern digital in einer Dateiform. Da es hier gewisse Standards gibt und sich die Software von Microsoft in vielen Bereichen durchgesetzt und standardisiert hat, ist ein Word-Dokument meist der geäußerte Wunsch.

Was liegt also näher, als auch sein Manuskript in Word zu verfassen? Zugegeben, die meisten Textverarbeitungsanwendungen können mittlerweile verlustfrei jedes Textdokument in ein Word-Dokument konvertieren, sodass die Auswahl des Schreibprogamms wieder relativiert wird. Wer an einem Mac arbeitet, wird vielleicht gerne in Pages schreiben. Oder sich anderer Textverarbeitungssoftware wie Libre Office, Textmaker, WordPerfect, LaTeX, Google Docs und wie sie alle heißen verschrieben haben.

Insbesondere für Autoren werden umfangreiche Lösungen angeboten, die weit über das reine Schreiben und Editieren eines Textes hinausgehen. Ganze Storylines, Charakterinformationen, Zeitebenen usw. können beispielsweise in Autorensoftware wie Papyrus, Scrivener oder Ulysses geplant werden.

Zugegeben: Ich habe da in alle reingeschaut und festgestellt, das ist nicht mein Ding. Da wo der Text reinkommt, da hat für mich nichts anderes zu suchen drin. Klar, mag schön sein, alles auf einen Blick sehen zu können, aber hin und wieder passt es dann doch nicht und ich muss den Blick auf den Text verlassen, weil ich tiefer graben muss.

Da ich noch bis 2018 mit drei Bildschirmen, stellenweise vieren, parallel arbeitete, war das kein Problem für mich. All meine Recherche- und Datenbankfunktionen wurden auf zwei oder drei Displays verteilt und ständig im Blick, während ich auf dem vierten (einem Notebook) die eigentliche Tipparbeit leistete.

Als ich Anfang 2012 auf Macs umstieg, stieß ich allerdings auf ein paar Probleme. Die Word-Versionen waren nicht mal halb so funktional wie ihre Windows-Pendants und von der Optik auch eher suboptimal anzuschauen. Schlimmer wurde es allerdings noch, als ich meinen Cloudspeicher von Dropbox auf OneDrive umzog.

Bei Dropbox hatte ich mich daran gewöhnt, nach ein paar Absätzen regelmäßig auf das Speichernsymbol zu drücken und in der Word-Voreinstellung „automatisches Speichern alle XX Minuten“ zu aktivieren. Bei OneDrive versprach Microsoft dann eine Echtzeitspeicherung. Die allerdings gerade unter MacOS eher ein Fluch, denn Segen war.

Man stelle sich das so vor: Du tippst drei Zeilen und Word speichert dein Dokument zwischen. Dieser Speichervorgang wird dir oben in der Kopfleiste von Word angezeigt. Diese Anzeige wurde aber nicht hintergründig eingeblendet, sondern drängte sich softwaretechnisch in den Vordergrund. Du kennst das: Du arbeitest in eine Anwendung und tippst etwas und plötzlich meldet sich ein Pop-Up-Fenster eines anderen Programms mit „Ein Update ist verfügbar“ – dieses Pop-Up befindet sich nun im Vordergrund und du kannst so viel tippen wie du willst, in deiner Arbeitsanwendung passiert nichts mehr. Allerhöchstens quittiert dir das System mit Meckertönen, dass du gerade versuchst Eingaben zu machen, wo keine möglich sind.

Und das passierte bei MS Word für MacOS. „Dokument wird gespeichert“ – und in dem Moment, konntest du weitertippen und weitertippen und nichts passierte, weil der Editor von Word gar nicht mehr im Vordergrund stand. Du musstest erst mit der Maus wieder ins Dokument klicken. Und das alle paar Sätze!

Somit war es vorbei mit flüssigem Schreiben. Ich wechselte von Word zu Google Docs und fand auch durch die Anwendung in ChromeOS gefallen daran, alles im Browser zu erledigen, was sich im Browser erledigen lässt. Den Browser hab ich eh offen, warum nicht in einem Tab E-Mails, im anderen Kalender, im nächsten Tabellenkalkulation, im nächsten mein Manuskript usw.

Google Docs – einfach im Browser deines Vertrauens schreiben. Funktioniert nicht nur in Chrome, sondern auch in allen anderen gängigen Internetbrowsern.

Darüber hinaus bot Google Docs für mich eine effiziente Möglichkeit auch Mobil an einem Tablet zu schreiben, da die App hierfür wesentlich stabiler war. In der mobilen Word App und mit OneDrive bestand die Gefahr, dass man sich eine alte Version öffnete und diese dann weiter bearbeitete. Weiters musste man nicht extra Software installieren und öffnen und damit Systemressourcen beanspruchen. Somit konnte man mit Google Docs von jedem Rechner aus arbeiten, auf dem ein Browser zu finden war.

Mein Umstieg erfolgte 2017. Der letzte Roman, der noch in Word geschrieben wurde, war Hannigan – alle weiteren in Google Docs.

Allerdings sind auch Browser zuweilen tückisch. Und Apps ebenso. Beim letzten Vigilante Roman merkte ich, dass ich über eine gewisse Zeichengrenze hinausgehe, in der das Bearbeiten eines Dokuments nicht mehr so flüssig läuft, da der Browser mehrere hundert Seiten Text nicht einfach vorhält, sondern auch mal nachladen muss, gerade dann, wenn man im selben Browser noch so 20 – 30 weitere Tabs geöffnet hat.

Google Docs macht es einem auch nicht einfach zum Textende zu springen. Was bei Word ein „Gehe zu … Seitenende“ ist oder die neuere Variante: „Willkommen zurück! Arbeite dort weiter, wo du aufgehört hast“, steht man bei bei einem 300-Seitentext in Docs direkt auf dem Deckblatt, sobald man das Dokument aufruft. Gehe zu … gibt es nicht. Also musste ich mir hier was einfallen lassen und habe für mich intern als letztes Wort „Marker“ oder „Textende“ geschrieben und dann bei jedem Neustart eines Dokuments via Suchen & Ersetzen nach diesen Schlüsselwörtern gesucht, um zum Textende zu springen.

Manuelle Kapitelstruktur mit Hyperlinksprungmarken.

Im letzten Vigilante fing ich auch an, den Text für mich zu gliedern. In Word geht das, indem man Absatz- und Kapitelmarken einfügt, diese lassen sich links im Dokument einblenden, sodass man mit einem Mausklick schnell dorthin gelangen kann.

In Google Docs funktioniert das leider nicht so einfach. Hier musste ich ein Inhaltsverzeichnis erstellen und Lesezeichen mit Hyperlinks versehen, sodass ich dann vom Anfang des Dokuments (= Inhaltsverzeichnis) zum Ende oder einem anderen beliebigen Kapitel springen konnte.

(Edit: beim Verfassen dieses Beitrags stellte ich fest, dass sich auch bei Google Docs Überschriften einfügen lassen, ebenfalls wie in Word über die entsprechende Formatfunktion)

Über Format – Absatzstile lassen sich auch Überschriften in Google Docs einfügen. Da mir das Feature jedoch nicht bekannt war oder zu dem Zeitpunkt nicht implementiert war, hatte ich damals den umständlicheren Weg gewählt.

Es ist also umständlich, umfangreichere Texte in Google Documents zu schreiben. Ein Chromebook, das mit ChromeOS insgesamt weniger ressourcenhungrig ist, als der Chrome-Browser, geht dann mit 4 GB RAM dennoch in die Knie, öffnet man ein 200-Seiten Dokument und will dort flüssig durchscrollen. Mindestens 8 GB RAM sollte ein Chromebook schon haben, wenn man plant, längere Texte damit zu verfassen. Aber je länger der Text wird, desto mehr stößt man dann auch an Komfortgrenzen.

Aufgefallen ist mir das bei der aktuellen Arbeit an „Überrannt“. Je mehr ich mich der 300.000 Zeichen-Marke näherte, desto weniger flüssig wurde das Schreiben. Du tippst wie ein Weltmeister und der Text erscheint nur gestottert mit deutlicher Verzögerung auf dem Bildschirm. Das bremst aus.

Hinzu kommt, dass auch die mobile App von Google Docs nicht unbedingt mit so großen Texten zurecht kommt. Als ich Vigilante auf dem iPad tippte, ist mir die App stets nach ca. 1/2 Stunde abgeschmiert. Nach einem neuen Aufruf hatte ich entweder Glück und der Text war noch da oder es fehlten die letzten zwei Sätze, weil diese nicht mehr in die Cloud gespeichert werden konnten.

Nun wusste ich ja, wie sich Word in der Zwischenzeit weiter entwickelt hat, da ich hauptberuflich damit arbeite. Das Speichern-Problem war längst verschwunden und die Browser-Version von Word ist mittlerweile fast so gut wie Google Docs.

Es ist zwar immer ungelegen, mitten in einem Projekt zu wechseln, aber mit Überrannt wagte ich dann den Sprung zurück zu Word. Erstmal, nur um es zu probieren. Ich kopiere den Text in ein leeres Dokument, passte die Formatvorlage etwas an und sah mir das Manuskript an. Die Kapitelmarken mit Hyperlinks funktionieren zwar auch in Word, jedoch habe ich nicht herausgefunden, wie ich neue setze – somit habe ich sie alle entfernt und in Word eine Gliederung aufgemacht (siehe oben, per Mausklick zum Kapitel springen).

Die Kapiteldarstellung am Rand hilft enorm bei der Übersicht in MS Word.

Ja, ich starte jetzt ein Programm mehr auf dem Rechner, ein Programm wie Word, das beileibe kein Leichtgewicht ist und auch schnell ein Gigabytchen und darüber hinaus an freiem RAM frisst, aber das flüssige Arbeiten ist dann bei größeren Texten doch weit mehr gegeben, als im Browser zu arbeiten.

Inzwischen bietet Word auch ein paar Features zum Komfort an. Nicht nur das oben erwähnte „Willkommen zurück“ ist nett, sondern auch, dass ich den aktuellen Zeichenstand jetzt mit einem Mausklick aufrufen kann, statt umständlich über das Menü zu gehen. Ebenfalls schön ist die Fokus-Funktion, die wirklich alles außer den Text ausblendet.

Fokus-Funktion in Word. Du siehst wirklich nur noch den Text.

Und offenbar hat man auch an den Dateigrößen etwas geschraubt. Die aktuelle Überrannt-Word-Version, die über 100.000 Zeichen mehr Text enthält, als die Version, die ich zuletzt in Word bearbeitet habe, ist um die Hälfte kleiner, was den Speicherplatz in der Cloud bzw. der Festplatte anbelangt – 237 KByte statt 526 KB.

Die Zahl der geschriebenen Wörter in MS Word immer im Blick und mit einem Klick darauf bekommt man auch direkt die Zeichenzahl angezeigt.
Diese Funktion gibt es jüngst auch in Google Docs.

Ja, aber … deine Planung … werden jetzt eingeschworene Verfechter von Papyrus Author und Scrivener sagen. Klar, die läuft. Seit 10 Jahren in Evernote. Das ist meine Datenbank für die Romanplanung. Aber die Vorteile zum effektiven Arbeiten herauszustellen, würde den Rahmen dieses Beitrags jetzt sprengen.

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