Jessica Bird ist ihren Fans besser bekannt als J.R. Ward.
Jüngst ist der zweite Teil des 8. Buches ihrer Black Dagger Reihe in Deutschland unter dem Titel »Mondschwur« erschienen. Zusammen mit dem Vorband »Vampirseele« bildet er im Original unter dem Titel »Lover Mine« einen kompletten Roman, der in Deutschland wie die Vorbände offensichtlich aus verkaufstechnischen Aspekten gesplittet wurde.
Auch wenn die in der Regel deutsche Titel meist völlig daneben sind und auch bei Black Dagger nicht wirklich den Kern treffen (von wenigen Ausnahmen abgesehen), so wirken sie dennoch nicht so schnulzig, wie die amerikanischen Original Titel der Romane. Diese implizieren irrtümlich, dass es sich bei Black Dagger um schmachtende Liebesromane handelt, doch die Serie hat sich von diesem Klischee längst abgehoben und zu einer komplexen Storyline weiter entwickelt.
Diese bietet so viel Platz für Nebenhandlungen, die für die Haupthandlung wichtig sind oder werden, dass man schon den Hut davor ziehen muss, dass sich Frau Ward nicht verzettelt, sondern stets zu unterhalten weiß.
Im 8. Roman (dem 15. und 16. der deutschen Ausgabe, mit insgesamt immerhin 678 Seiten in der Epub-Ausgabe, im TB dürften es um die 800 Seiten sein) widmet sich J.R. Ward nun endlich John Matthew.
John ist stumm und wuchs als Waise auf. Er wurde in seiner Jugend vergewaltigt und trägt die Last dieser Erinnerung als Pein und Scham mit sich herum. Erst als bekannt wird, dass er ein Vampir, ein sogenannter Prättrans ist und offenbar der Sohn von dem verstorbenen Black Dagger Bruder Darius, nimmt ihn König Wrath in seine Obhut und stellt ihm Quhinn als Beschützer zur Seite.
Gemeinsam mit Quhinn, Blaylock und einigen anderen Prätransvampiren trainieren die Jungs bei der Bruderschaft der Black Dagger für den Ernstfall. Johns Geheimnis über die Vergewaltigung kommt ans Tageslicht, und sein Busenfeind, der adelige Lash (quasi der Draco Malfoy im Black Dagger Universum) zieht John damit auf. Nachdem beide ihre Transition zu Vampiren durchlaufen haben, eskaliert die Situation und John tötet Lash – doch Lash ist nicht tot, sondern entpuppt sich als Sohn des bösen Omega, dem Bruder der Jungfrau der Schrift, der seiner Schwester mit der Gesellschaft der Lesser schwer zu schaffen macht, indem er mit einem Heer Untoter versucht, ihre vampirischen Nachkommen zu vernichten.
Bereits im Roman davor wird Johns Flamme Xhex(ania), die Leibwächterin von Rehvenge, von Lash entführt. So konzentriert sich das erste Drittel des Romans auf die Suche nach Xhex, während es im Anschluss darum geht, Lash zu finden und zur Strecke zu bringen.
Wo fange ich nur an? Keine Frage. Der Roman ist ein echter Black Dagger. Es geht actionreich zu Beginn und am Ende her. In der Mitte haben wir den üblichen leichten Abfall. Der Sex ist diesmal sogar zweitrangig, was bei all den Ausschweifungen Frau Wards in den Vorromanen begrüßenswert ist.
Aber nach der Rettung Xhex stellt sich die Frage: Was kommt denn jetzt noch? Dabei hat man noch gut 400 Seiten vor der Brust. Die werden stelleneweise mit einem Vergangenheitsabenteuer Darius und Tohrments ausgefüllt, doch die Erkenntnis des Lesers, dass John nicht nur Sohn von Darius, sondern seine Wiedergeburt ist, stellt sich für die Protagonisten nicht wirklich ein. Sie haben Verdachtsmomente, doch die Tatsache wird nie ausgesprochen. Dabei wäre es gerade in diesem Roman angebracht gewesen.
Die Nebenhandlung um Lash ist sehr interessant, wenn auch befremdlich geworden. Spätestens, als dieser mächtige Gegner von seinem Daddy Omeag verstoßen und als Freiwild gejagt wird, fragt man sich, was das jetzt soll – denn gerade Lash als weiterer Gegner der Black Dagger hätte das Potenzial, den Vampiren die Stirn zu bieten. Die Lesser an sich sind eher schwach auf der Brust und bei all ihren Nöten, was Personal und Finanzen anbelangt, ein nicht ernstzunehmender Feind.
Bleiben wir gleich bei Nebenhandlungen. Sehr schön die Story um Payne, der Sparringspartnerin von Wrath auf der Anderen Seite, die bereits im letzten Roman in Erscheinung trat. Diese Handlung ist, soviel sei verraten, auch Wegebereiterin für den Folgeband, in dem sich Ward Payne widmet.
Völlig unverständlich und absolut überflüssig ist die Handlung um das Reporterteam Gregg und Holly, die in Lousiana in einem Vampiranwesen Aufnahmen für eine Paranormal Actitivies Show machen wollen. Erst am Ende des Romans wird die Bedeutung der Storyline bekannt, aber sie wird einfach zu schwach erklärt, als dass man sie als etwas anderes ansehen könnte, als das, was sie wirklich darstellte: Zeilenschinderei.
Der Leerraum zwischen der Haupthandlung, der Teil in dem John und Xhex zueinander finden ist diesmal zu lang geraten. Die beiden waren sich die ganze Zeit über sicher, dass sie zusammengehören, darüber konnten auch ihre Worte „Wenn Lash gestellt ist, trennen wir uns“ hinwegtäuschen. Hier gab es keine Überraschungen.
Ob nun auch die Handlung um den homosexuellen Blaylock und seine Liebe zu Quhinn und seine sexuelle Beziehung zu dessen Cousin Saxton mit in das Buch gemusst hätte – das alles hat dem Ganzen irgendwie den Drive herausgenommen, auch wenn es sich interessant las.
Ich stelle hier leichte Ermüdungserscheinungen fest, bin aber guter Dinge, dass der nächste Roman wieder besser ist, da ich das bereits aus zuverlässiger Quelle weiß (danke für den Tipp, Madame!).
Noch ein Wort zur Übersetzung. Die neue Übersetzerin Frau Corinna Vierkant (oder Vierkant-Enßlin, steht stellenweise geschrieben) hat diesmal etwas sauberer gearbeitet, auch wenn sie immer noch einen Hang zur Steigerung des Wortes „kein“ hat. Dafür stellt sich aber spätestens an einer Textstelle heraus, dass sie mit dem Stoff von Black Dagger überhaupt nicht vertraut ist (was auch meine anfängliche Befürchtung der Übersetung war.
In der deutschen Übersetung heißt es:
John hob langsam die Hände und gestikulierte: Hör zu, ich weiß nicht, ob du dich dem stellen willst, doch da ist eine Vampirin in diesem Haus, Rhages Shellan.
Leser wissen, dass hiermit Mary gemeint ist. Allerdings ist Mary keine Vampirin, sondern ein Mensch. Ich hatte erst Frau Ward in Verdacht, doch das konnte ich mir dann doch nicht vorstellen, dass sie solch einen Fehler in ihren Text packt. Und siehe da, es lag in der Tat an Frau Vierkant, denn im Original lautet die Textstelle:
John lifted his hands and slowly signed, Listen, I don’t know whether you’d be up for this, but there’s a female in this house, Rhage’s Shellan?
Female, nicht Vampirin, Frau Vierkant, female. Könnten Sie bitte das Zepter wieder an Frau Finke abgeben?
Danke!

