Zugegeben, das Angebot in Deutschland ist noch mehr als dürftig, aber dennoch an dieser Stelle schon mal meinen Dank für seinen Hinweis an Oliver Naujoks. Der Scherge hat mich zum Geldausgeben verleitet. Verkündete er doch gestern, dass er sich die digitale Ausgabe der WELT zugelegt habe. Als Kindle-Zeitung!
Hoppala, Zeitungen und Zeitschriften auf dem Kindle? Bei einem 6″ Display. So ein Quark, wie soll das gehen? Nun, auch ein alter Besserwisser wie Sir Kay muss sich eines Besseren belehren lassen. Statt Oliver wegen Screenshots zu nötigen, legte ich mir die gestrige digitale Ausgabe der WELT gestern selbst zu. 1,50 Euro verlangt Amazon dafür, gegenüber den 2,70 Euro, die die Sonntagsausgabe im Print kostet. Als kleinen Bonus für den geringeren Preis bekommt man noch ein Extra dazu: Keine Werbeanzeigen!
Aber auf einem 6″ Display? Eine Tageszeitung? Ich bitte euch.
Weit gefehlt. Amazon hat Kindle-Zeitungen recht ordentlich umgesetzt. Den Leser erwartet auf dem Hauptschirm ein schönes Menü, in dem links die Rubriken aufgelistet sind. Beim Heruntertapsen mit dem Steuerkreuz erscheinen auf der rechten Seite die Artikel, die unter der entsprechenden Rubrik zu finden sind. Wieder mit dem Steuerkreuz lässt sich nach rechts manövrieren, um den gewünschten Artikel anzuklicken. Allerdings muss man zuweilen etwas Geduld aufbringen. Die WELT hatte am gestrigen Tage 17 Komma nochwas MByte intus und mitunter dauert es etwas, bis der Artikel auf dem Kindle erscheint. Allerdings bezweifle ich, dass es beim Wühlen durch Papier schneller geht.
Fixer ist es auf jeden Fall, benutzt man die Kindle for Android App auf einem schnellen Tablet oder Superphone. Die Menüführung passt sich dem anderen Medium an, sodass DIE WELT auf einem Tablet (wenn ich Tablet sage, meine ich automatisch Tablet mit Android OS, ihr versteht, ja?) anders aussieht, als auf dem Kindle. Der schnellere Prozessor und das LCD Display kommen hier der rascheren Benutzerführung zugute. Wischend Seiten umblättern, eingebettete Bilder mit Doppelklick vergrößern und mit Pinch-to-zoom heranholen. Nahezu perfekt.
Neugierig geworden, buchte ich auch die aktuelle Ausgabe des FOCUS dazu. Das Nachrichtenmagazin des Wettbewerbs hat eine eigene App herausgebracht und bietet die digitale Ausgabe des SPIEGELs kaum oder gar nicht günstiger als das Printmedium an. Anders der FOCUS. Während die Heftausgabe mit 3,50 Euro zu Buche schlägt, will der Verlag nur 2,50 Euro für die digitale Ausgabe haben. Und der Clou: (bisher) keine Werbung.
Auf dem Kindle selbst ist sie genauso gut lesbar wie DIE WELT. Allerdings lag sie mit 3,89 MByte deutlich unter dem Speicherfresser des Springer Verlags. Keine Ahnung, was da schief gelaufen ist. Da Farbfotos im FOCUS eingebettet sind, macht das Lesen auf einem Android-Gerät gleich doppelt so viel Spaß. Reagiert schneller und die Bilder lassen sich wieder direkt aufrufen und vergrößern. Zugegeben, die Konkurrenz vom SPIEGEL bettet auch Diashows und Videos in ihre digitale Lektüre ein, aber wie gesagt, dafür ist sie auch teurer.
Für 10 Euro monatlich lässt sich der FOCUS bei Amazon als Abo buchen. Will man Ausgaben behalten, muss man sie auf dem entsprechenden Gerät markieren, sonst wandert sie ins Archiv, sobald die aktuelle Ausgabe übers Flüsternetz übertragen wird und wird beizeiten komplett gelöscht. Ergibt bei der Größe auch Sinn, denn verglichen mit einem 1.000 Seiten Schmöker sind die Zeitungen und Zeitschriften wahre Speicherfresser.
Jetzt muss Amazon nur noch das Angebot erhöhen und weitere Verlage animieren, ihre Produkte im Kindleformat herauszubringen. Eine Grundvoraussetzung, wenn man den Kindle Fire (wörtlich: „Entzünde das Feuer“) in Deutschland auf den Markt werfen will.
Anbei ein paar Abfotografien der WELT auf dem Kindle.