Der große Satz mit X – das war wohl nix.
Bisher klappten die Livestreams von Apple zu aktuellen Keynotes eigentlich ganz gut. Heute war es dagegen eine einzige Katastrophe. Seite nicht erreichbar, Testbilder, hakendes Video und dazwischen lange Zeit nichts.
Das was ich zu sehen bekommen habe, hat mir wegen der miesen Übertragung nicht wirklich mehr Spaß gemacht.
Gut, tragen wir die Fakten zusammen. Was haben wir zu sehen bekommen, wenn es denn etwas zu sehen gab?
Nichts, was nicht vorher schon bekannt war. Die Leak-Maschinerie hat wieder hervorragend funktioniert.
Apple präsentiert ein iPhone 6 mit 4,7″ Zoll Display bei einer Auflösung die etwas über HD liegt. Und ein iPhone 6Plus mit 5,5″ Display, das Full-HD bietet.
Wohlgemerkt: Am Homescreen ändert sich nichts. Die Anzahl der App-Icons in der Waagerechten bleibt, in der Senkrechten habt ihr einmal mehr Platz für eine weitere Reihe. Damit sind es jetzt sieben Iconreihen. Der Witz, der beim Start des iPhone 5 die Runde machte und das iPhone 10 als meterlanges schwertähnliches Etwas in Obi-Wan Kenobis Händen zeigte, scheint hier einen Kern Wahrheit zu beinhalten.
Wohlgemerkt: Ich weiß nicht, ob es Jobs noch damals war oder schon Cook – man hatte ich vehement gegen ein größeres Format gewehrt und machte sich über die Minitelefonzellen von Samsung lustig, als Größen über 5″ auf den Markt kamen. Wo ist denn nun das inbrünstige Aussage „Wir haben mit 3,5″ die optimale Größe gefunden, um ein Smartphone noch mit einer Hand bedienen zu können“ geblieben? Ach ja, die blieb bei der Präsentation des iPhone 5 auf der Strecke. Und wieder einmal hatte man mit dem gestreckten Format die optimale Größe mit 4″ gefunden.
Und nun geht doch plötzlich 4,7″ und meine Güte ja sogar Phabletgröße mit 5,5″.
Auflösungstechnisch eher schwach, denn die High End Androiden aus dem letzten Jahr wiesen bei 4,7″ bereits Full-HD Auflösung auf. Und von Retina kann nun auch keine Spur mehr sein, denn bei 5,5″ im Full-HD Bereich ist das eher eine völlig normale und selbstverständliche Auflösung, die aktuell nur durch das LG G3 mit 2560 x 1440 Pixeln bei gleicher Bildschirmdiagonale getoppt wird. Retina ist damit Geschichte. Peng. Trotzdem kommt Apple von dem Namen nicht los und verkauft seinen Kunden die Dinger weiter als „Retina HD Display“. Ich geb euch gleich!
Die anderen Features waren fast alle klar: Dass nun ein noch schnellerer A8 daherkommt, über dessen Performance aber niemand etwas weiß, bessere Akku-Laufzeit, bessere Kamera – das gleiche Spiel wie jedes Jahr. Aber hier muss man sich auf die Aussagen von Apple verlassen, denn über die Akku-Kapazität gibt es bisher keine Auskunft und die Kamera bringt auch nur 8 MP auf die Linse.
Also nur ein größeres Display bei weitgehend uninspiriertem OS – denn außer Icons auf die Homescreens klatschen hat sich Apple bisher keine große Mühe gegeben.
Solange Apple es nicht hinbekommt, echte Hintergrundaktivitäten auch für Drittapps einzuräumen, ist die Produktivität des iPhone für die Katz. Da reicht es nicht, irgendwo im Kontrollzentrum einen Haken bei „Hintergrundsynchronisation zulassen“ zu setzen – es muss auch g e k o n n t werden. Dass Apple nicht kann beweisen Cloudprogramme wie Dropbox oder Evernote. Bleibt die App nicht im Vordergrund, wird schlicht und ergreifend nicht synchronisiert. Basta. Wer das Gegenteil behauptet, der lügt.
Kommen wir zu dem zweiten Schmackerl, das Apple uns aufgetischt hat. Die Apple Watch. Wie doof, wenn man nicht die gemeinsame corporate design Sprache sprich, oder? Jedes Pupsgerät muss mit „i“ anfangen. Statt dann konsequent die iWatch oder die iTime einzuführen, heißt die Smartwatch jetzt Apple Watch. Welch Geistesblitz den Schöpfer dieses Namens durchzuckt haben muss! Wahrlich!
Einen raschen Vergleich zwischen den iPhones findet man hier. Betrachtet man sich nüchtern die Daten und Features, erkennt man schnell, wie wenig Neues und Wichtiges hinzugekommen ist, das man unbedingt haben muss, wenn man schon Besitzer einer iPhone 5S ist – jetzt mal unabhängig von den größeren Displays.
Die Apple Watch sieht auf den quick und dirty Blick wie eine Mischung aus LG G Watch und Samsung Gear Live aus. Eckig, klobig, nicht im Ansatz edel oder stylisch. Da gefallen mir die Designs von LG G Watch R und ASUS ZenWatch, so unterschiedlich sie auch voneinander sind, wesentlich besser. Die Moto G wäre ursprünglich ein Wunschkanditat gewesen, aber bei einer 12 Stunde Akkulaufzeit scheidet sie per se aus dem Must-Have-Gedanken aus. Adé Motorola.
Zurück zu Apple. Leider konnte ich wegen des verstümmelten Videostreams die Features im Einzelnen nicht alle verfolgen. Das, was ich sehen konnte, sah aber so aus, als würde Apple den Fehler wiederholen, den Samsung bereits mit der Gear-Serie gemacht hat: Das Smartphone auf die Smartwatch bringen, mit Ach und Krach. Die Krone, die an einer analogen Uhr die Zeiger verstellt oder die Uhr aufzieht, ist hier digital und sorgt unter anderem für ein Zoom-in und Zoom-out.
Mal ganz ehrlich? Wieso sollte ich auf einer Smartwatch Maps zoomen wollen? Oder auf dem winzigen Display überhaupt zoomen?
Ein Druck auf die Krone präsentiert – Tusch – den Homescreen: In diesem Fall ein unübersichtliches Gewusel an App-Icons. Und die soll man anscheinend tatsächlich auf dem winzigen Display auch noch untouchen können und müssen.
Gott bewahre! Die Android-Uhren sind keinesfalls ausgereift, erscheinen mir aber im ersten Moment durchdachter. Ich bekomme meine Informationen und Benachrichtigungen und kann rudimentär Nachrichten beantworten – aber für alles andere und komplexere Aufgaben ist eine Smartwatch doch aktuell gar nicht gedacht.
Wenn so ein Ührlein mal wie KITT aus Knight Rider oder Selma aus Time Trax mit dem User kommunizieren kann, dann kann man sicherlich allerlei Sperenzchen mit so einem Gerät anstellen, aktuell ist das aber nicht wirklich mein Ding.
Jut soweit, dieses Jahr Geld gespart. Kein neues iPhone, keine iWatch und wie ich zu 99% annehme muss ich auch keinen Nachfolger des iPad Air haben. Wenn was bahnbrechendes kommt, bin ich wieder dabei. Aber bis dahin, danke für den Fisch, Mr. Cook.
Ich hoffe, im Oktober kommt neben dem neuen iPad auch eine ganz klare neue Ansage für ein neues MacBook Air mit Retina-Display. Dann, liebe Freunde aus Cupertino, öffne ich gerne noch einmal den Geldbeutel in diesem Jahr für euch.