Nicht ganz, aber verärgert bin ich schon und stehe nicht alleine da.
Während Sascha Pallenberg bei Mobilegeeks seinen Rant zu Google Glas (zu Recht!) losgetreten hat, bin auch ich im Übergangsjahr 2014 / 2015 ziemlich enttäuscht von den Leuten aus Mountain View.
Das fing mit der Preisgestaltung der neuen Nexus-Geräte an. Gut, muss man ja nicht kaufen, aber wenn man mobile Kinkerlitzchen zu seinem Hobby erkoren hat und auch gerne mit dem neusten Betriebssystem versorgt werden will, wird man einfach schwach und kauft sich die Dinger dann doch.
Aber dann geht es los mit der Verfügbarkeit der Geräte. Sicherlich haben auch andere Hersteller Lieferengpässe in eigenen Shops, aber dann wird zumindest dennoch eine Bestellung entgegen genommen und ein Liefertermin von drei bis vier Wochen angegeben. Google hingegen sagt einfach, nicht lieferbar, nicht bestellbar. Basta.
Die Sandvariante des Nexus 9 und ebenso die LTE-Variante waren lange Zeit nicht erhältlich. Und warum man Sand nur in einer Konfiguration herausbringt und LTE ebenso nur in schwarz, entzieht sich meiner Kenntnis.
Beim Nexus 9 von HTC hatte ich Glück. Kein Knarzen, keine sich biegende Rückseite, keine ploppende Lautsprecher, keine Lichthöfe.
Das änderte sich allerdings mit dem Zweitgerät. Die Version mit dem kleineren Speicher habe ich abgegeben und dafür das 32 GB Modell nachbestellt. Diesmal mit weißer Rückseite, da Fingerabdrücke sagenhaft magnetische Anziehungskraft auf gummierten schwarzen Oberflächen haben. Erster Schock beim Booten: Lichthöfe bei schwarzem Bildschirm.
Okay, ließ sich noch einigermaßen verkraften, aber auch Lollipop hat so seine Macken. Trotz Tegra-K1 64 Bit Prozessor und 2 GB RAM läuft eben nicht alles flüssig. Ruckler beim Surfen mit dem hauseigenen Chromebrowser gibt es ebenso, wie Verzögerungen beim Wechsel zwischen Programmen. Ja, sicher, gibt es bei iOS auch, aber wenn die ganzen Tester und Techblogger davon sprechen „läuft absolut flüssig“, dann weiß ich nicht, was die im Frühstück hatten. Flüssig und butterweich sind Begriffe, die man wörtlich nehmen sollte und die man erst erfahren kann, wenn man ein Gerät mit Apps und Widgets vollgepackt hat und damit arbeitet und nicht, wenn man im Standardlauncher zweimal hin und her wischt und dabei keine Ruckler erlebt.
Ansonsten ist das Nexus 9 aber ein feines Tablet mit dem richtigen (4:3)-Format. Ich hasse die 16:9 Teile. Im Hochformat lassen sie sich schwer halten, das sieht einfach nicht toll aus und fühlt sich noch weniger toll an. Akkulaufzeit geht auch in Ordnung. Bei normaler Nutzung komme ich damit weit über 2 Tage hin und im Standby hält das Gerät auch gut drei bis vier Wochen durch, sofern die WLAN-Verbindung deaktiviert wurde. Das Knock-Knock-Wake ist ein Feature, das ich mir bei jedem Gerät wünsche – und endlich hat HTC es hinbekommen, es nicht so zu verhunzen wie beim HTC One M8 (durch die Streichvarianten zum Wecken des Gerätes ist es ständig in Jacken, Hosen und Hemdstasche angegangen).
Aber zum Nexus 9 gibt es ja noch tolles Zubehör, das mit fast drei Monaten Verspätung auf sich warten lässt: Das Keyboard-Cover. Gnadenlos überteuert und dann die reinste Katastrophe.
Vor- und Rückseite sind extrem Staub- und Schmutzanfällig. Einmal irgendwo auf einen nicht klinisch-reinen Tisch gelegt und schon hat man auf dem Dingen Flecken.
Das Pairen via NFC ware schon eine feine Sache, aber damit hört der Spaß auch auf. Das Cover wird nur magnetisch von der Rückseite des Nexus 9 gehalten. Das ist eine höchst wackelige Angelegenheit. Klappt man es zu, rutscht die Abdeckung hin und her. Einen Halt wie beim Ultrathin Keyboard Cover von Logitech für das iPad gibt es hier nicht.
Zugegeben, auf dem Chiclet-Keyboard lässt sich gut schreiben, aber was hilft ein Keyboard, das explizit nur für ein einziges Gerät herausgekommen ist, wenn es keinerlei Funktionen zur Unterstützung gibt?
Schauen wir mal kurz von Taiwan nach Südkorea. Samsung hat für seine Tablets ein sehr schönes Bluetooth-Keyboard herausgebracht, das aus Geräten wie dem Galaxy Note Pro 12.2 ein echtes Arbeitstier macht.
Die Tastatur ist von der Breite her fast identisch mit der Apple Wireless Tastatur. Herrliches Schreiben (fast, hin und wieder gibt es hier und dort eine Verzögerung. Android halt) mit speziellen Android-Tasten, wie z.B. dem Home-Button, dem App-Drawer, dem Alle-geöffneten-Apps-Zeigen-Button, Tasten für Helligkeit und Lautstärke, Play, Pause, Skip Forward und Rewind, der Google Suche, der Bildschirmtastatur und und und.
Äußerst durchdacht.
Was bietet HTC? Nichts. Nada. Absolut gar nichts. Die ALT-Tasten hat man mit Smileys bestückt, das war es auch schon. Will man einen Home-Effekt auslösen, muss man die Suchen-Taste gleichzeitig mit der Enter-Taste drücken. Für Zurück und Alle-Apps-Zeigen, gab es auch noch eine Kombination, die ich längst vergessen habe. Außer Tippen kann man mit der Tastatur gar nichts. Will man mehr, muss man die Fingerchen auf dem Bildschirm patschen lassen.
Das ist der gröbste Unfug, den sich HTC und Google haben einfallen lassen.
Haben wir noch das Nexus 6 – dem neuen Flaggschiff der Nexus-Reihe. Immerhin von Motorola gebaut.
Neuester Schnappdrache 805 Prozessor mit ganzen 3 GB RAM, 6″ AMOLED Display für einen Preis, der Samsungs Apothekenpreise zu Schnäppchen mutieren lässt.
Auch hier haben wir eine Verfügbarkeit nach Ankündigung gehabt, die andere Läden schon pleite gehen lassen würden. Wer nicht liefern kann ist raus, aber Google kann es sich ja erlauben.
Eigentlich wollte ich wegen der Fingerabdruckthematik auch hier die weiße Version, aber dann war bei Amazon kurzfristig die vor Silvester noch die 64 GB Variante in blau lieferbar. Ja, die Fingerabdrücke sind auf der Rückseite wirklich so richtig fett zu sehen. Und nein, die Rückseite ist nicht gummiert, auch wenn viele Techblogger das sagen. Das ist glattes Plastik und rutscht mir genauso aus der Hand wie glattes Metall, also läuft bei dem Gerät ohne Hülle nichts. Ich hab mich für einen gummierten Spigen Ultraslim Protector entschieden. Der trägt nicht ganz so dick auf das ohnehin schon riesige Gerät auf.
6 Zoll Leute. Lasst euch das mal auf der Zunge zergehen. So groß ist das Display eures Kindles.
Dennoch kein Vergleich. Das Nexus 6 liegt mit dem Kindle auf gleicher Höhe, aber er E-Reader ist gut 3 cm breiter als das Motorola Smartphone. Das Display ist länger, der Kindle hat breitere Rahmen.
Aber trotzdem gewöhnt man sich schnell an solche Größen. Ihr erinnert euch, das iPhone 6 habe ich wieder verkauft, weil es mir zu klein war.
Neben dem iPhone 6 Plus und dem OnePlus One kommt mir das Nexus 6 so vor wie seinerzeit das Galaxy Note. Es wirkt irgendwie selbstverständlich, dass das Display so groß sein muss. Halte ich das zu Testzwecken herhaltende Moto G 2014 dagegen, das immerhin ein 5″ Display hat, kommt mir das schon wieder arg und viel zu klein vor. Da stellt man sich die Frage, wie konnte man vor einem Jahr noch mit 4,3 oder 4,7″ auskommen, wenn heute schon 5″ zu klein sind?
Aber der Größe sind in Sachen Handlichkeit Grenzen gesetzt. Wie gesagt, gefühlt ist das Nexus 6 jetzt das, was 2012 das Samsung Galaxy Note war (mit nur 5,2″). Es ist groß, aber nicht so groß, dass man es Tablet nennen könnte. Obwohl 7″ Tablets nur einen Zoll größer sind, wirken sie dennoch wesentlich wuchtiger als das Nexus 6.
Nun auch Motorola hat genau wie HTC seine Schwächen ins Gerät mit reingepackt.
Die Frontkamera schießt unterirdisch verrauschte Bilder. Die Hauptkamera braucht endlos lange, um ein Objekt zu fokussieren. Will man was anderes als Stilleben fotografieren, hat man hier schon verloren. Die Bilder werden insgesamt auch nicht schön. Da mache ich Schnappschüsse lieber mit dem iPhone 6 Plus.
Audioaufnahmen erscheinen mir sehr leise zu sein.
Der Akku bringt einen zwar über den Tag, aber wenn man bedenkt, dass das iPhone 6 Plus zwei Tage durchhält, haut einen das nicht vom Hocker. Zumal man das iPhone auch mal drei oder vier Tage ungenutzt liegen lassen kann, ohne nennenswerten Stromverbrauch zu haben. 24 Stunden nach einer Ladung und Entfernen des Netzsteckers zeigt der Cupertinoianer immer noch 100%, während so ein Google-Gerät schon irgendwo bei 90 bis 85 % herumeiert.
Dafür ist das Nexus 6 schnell aufgeladen. Hänge ich es abends an die Buchse, habe ich oft morgens im Bildschirm stehen (aufgeladen seit 5 oder 6 Stunden), also innerhalb von 90 Minuten ist die Kiste von 20% auf 100%.
Allerdings gibts auch hier wieder Softwaremängel. Ebenso wie beim Nexus 9 läuft nicht alles so flüssig wie man es sich vorstellt, gerade beim Programmwechsel nicht.
Das Nexus 6 hat einige unfreiwillige Neustarts hinter sich. Plötzlich erscheint die Bootanimation und das Gerät startet neu. Anfangs noch ein warmer Start ohne dass die SIM-Pin neu eingegeben werden musste, nun mit SIM-Eingabe. Damit kann man natürlich nicht vernünftig arbeiten.
Und noch eine Riesenschweinerei. Die Mädels und Jungs aus Cupertino haben alles richtig gemacht, als sie dem 5,5″ Boliden einen rotierbaren Homescreen verpassten. In der Größe will man eben auch, dass der Homescreen mal im Landschaftsmodus bedienbar ist. Das ständige hin- und her Schwenken ist ja auch was für den Poppes.
Ausgerechnet hier versagt Google. Trotz 6″ Größe und QHD-Auflösung ist sind die Homescreens nur im Portraitmodus zu betrachten. Das ist wirklich ärgerlich, zumal die Funktion „Alle geöffnete Apps“ anzeigen auch im Querformat funktioniert.
Hierfür geben wir dann eine Sechs. Ebenso für die nicht freigeschalteten Features der Benachrichtigungsdiode sowie der vorhandenen aber nicht aktivierten Knock-Knock-Funktion.
Um es mit Grönemeyers Worten zu sagen: Was soll das?!
Wenn Apple sich nur ein klein wenig mehr anstrengen würde, hätte Google auf ganzer Linie verloren. Aber Cupertino schafft es leider immer noch nicht, mal die Funktionen ins Betriebssystem zu integrieren, die ein Arbeiten einfacher machen:
– Multitasking, Aktualisieren im Hintergrund, Entfernen der Sollbruchstelle Homebutton, customizable Control Center (ich vermisse immer noch, die Mobilen Daten genauso einfach ein- und auszuschalten wie das WLAN, Herr Cook!).
In diesem Sinne und jedem anderen Unsinn.
Bis die Tage.