Ich durfte gestern den neuen Superb fahren. Punkt. Damit ist eigentlich alles gesagt. 😉
Nein, ich möchte hier keinen Fahrbericht posten, sondern als Geek und Nerd wiedergeben, was sich im Bereich der Fahrassistenzsysteme zwischenzeitlich getan hat.
Ich selbst fahre dienstlich einen Skoda Octavia der dritten Generation, vollgestopft mit Computerelektronik, die den Fahrersitz eher in den Kommandosessel Captain Picards verwandelt.
Zu schätzen gelernt habe ich den Spurhalteassistenten (Lane Assist) und die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage (Adaptive Cruise Control). Ersterer sorgt dafür, dass ab 65 km/h eine Duokamera, die in der Rückseite des Innenspiegels steckt, den Fahrweg beobachtet und versucht eine Fahrspur zu erkennen. Ist diese erkannt, signalisiert das System dies im Display mit einem grünen Zeichen.
Dabei versucht das System, diese Spur zu halten, auch in Kurven und sogar, wenn man mal das Lenkrad loslässt. Es wird sanft gegengesteuert, sobald man droht, mit dem Fahrzeug die Spur zu verlassen.
Der Haken ist natürlich die Erkennbarkeit bei Baustellen, ausgeblichenen Fahrbahnmarkierungen, nicht vorhandenen oder schlichtweg besch… Wetterverhältnissen – gerade bei starkem Regen wird so gut wie nichts mehr erkannt.
Das System hat eine eingebaute Sicherung, die es dem Fahrer lediglich erlaubt, die Griffel für 10 Sekunden vom Lenkrad zu nehmen. Dann ertönt ein Signalton und der Assistent schaltet ab, sodass man gezwungen ist, wieder selbst zu lenken.
Skoda geht bei der Weiterentwicklung einen großen Schritt voran. Ob der sinnvoll und zielführend ist, mag jeder selbst entscheiden. Das neue Lane Assist hält den Wagen nicht nur für 10 Sekunden halb-autonom in der Spur, sondern lässt sich ca. 38 – 40 Sekunden freihändig fahren. Nach 10 Sekunden ertönt ein Signalton, der sich im 10-Sekunden-Rhythmus wiederholt. Erst nach ca. 40 Sekunden wird es dem Wagen zu bunt und er geht davon aus, dass der Fahrer wohl eingenickt ist und löst eine kurze Schockbremsung aus.
Das ist nicht nett. Wer da zusammenzuckt könnte evtl. das Lenkrad verreißen, gerade bei hohen Geschwindigkeiten. Aber immerhin nähert man sich im Hause VW damit einem Ziel: dem autonomen Fahren.
Der Lane Assist aktiviert sich nunmehr schon bei 50 km/h, nicht erst bei 65.
Der zweite Assistent funktioniert ähnlich wie ein Tempomat. Aus dem Unwort wurde mittlerweile eine Geschwindigkeitsregelanlage gemacht, die normalerweise dafür sorgt, dass eine eingestellte Geschwindigkeit gehalten wird. Gerade auf langen Strecken mit gleichbleibender Geschwindigkeit kann man so getrost mal den Fuß vom Gas nehmen und den Wagen Gas geben lassen. Allerdings muss man weiterhin bremsbereit sein.
Der ACC nimmt einem einen Teil dieser Bremsbereitschaft ab. Die eingestellte Geschwindigkeit wird nicht nur gehalten, sondern adaptiv geändert. Fährt man zu dicht auf ein vorausfahrendes Fahrzeug auf, bremst der Wagen automatisch ab und erhöht erst dann wieder die Geschwindigkeit, wenn der Vordermann beschleunigt, oder man zum Überholen ansetzt.
Theoretisch ist es möglich, mit dem ACC ganze Strecken zu fahren, ohne je den Fuß auf Gas oder Bremse gesetzt zu haben. Praktisch muss man in Extremsituationen, weil ein Bekloppter ausschert und das System zwar bremst, es aber gleichzeitig auch mahnt, die Bremse selbst ebenfalls zu treten, mal auf eben jene latschen.
Im Stadtverkehr bremst der Wagen bis zum Stillstand ab, allerdings nur bei beweglichen Hindernisse. Steht ein Fahrzeug bereits an einer Ampel, wird dieses nicht als vorausfahrendes Fahrzeug erkannt und der Wagen würde auffahren. Das hat angeblich die Bewandnis, dass in Kurvenfahrten Leitplanken nicht als stehende Hindernisse erkannt werden und somit kein Dauerbremsen auslösen.
Also, wachsam sein, muss man weiterhin. Im Falle des Octavias bremst der Wagen auf Null ab und signalisiert dann, dass man die Bremse bedienen soll. Tut man das, schaltet sich der ACC aus. Tut man es nicht, schaltet er sich auch aus, aber der Wagen rollt dann ungebremst weiter.
Weiterhin ist der ACC nur im Bereich von 30 – 160 km/h aktiv. Will man schneller als 160 km/ fahren, muss man manuell auf das Gaspedal gehen. Der ACC bleibt so lange aktiv, bis man die Bremse betätigt. Beschleunigt man also auf meinetwegen 215 km/h und nimmt dann den Fuß vom Gas, bremst der Wagen im Anschluss ab, bis er wieder die 160 km/h erreicht hat.
Der Hintergrund hierzu ist das verbaute Radarsystem, das unterhalb des Nummernschilds Platz gefunden hat. Dieses ist dafür ausgelegt, den Abstandsbereich bis zu einer bestimmten Entfernung (120 Meter?) zu messen. Bei höheren Geschwindigkeiten als 160 km/h reicht dieser Messbereich für ein wirkungsvolles Abbremsen nicht mehr aus.
Soweit das alte System. Was hat sich geändert?
Fangen wir mit dem letzten Punkt an: Gegen Aufpreis lässt sich nun zumindest beim Superb ein Radarsystem dazu buchen, dass den ACC auch bei Geschwindigkeiten bis zu 210 km/h wirksam aktiv lässt. Offenbar verwendet man nun Radarnasen von Jets 😉
Das Bremsverhalten ist zur Bequemlichkeit des Fahrers wie folgt geändert worden. Zum einen gibt es keine Handbremse, sondern nur eine elektronische Feststellbremse. Daneben lässt sich über eine Taste ein automatisches Feststellen der Bremse bei Stillstand einstellen.
Das hat folgenden Effekt. Der ACC bremst an einer Ampel oder im Stau (sofern ein vorausfahrendes Fahrzeug abbremst und zum Stillstand kommt und nicht längst steht) auf Null ab. Es kommt nun nicht mehr die Warnung, die Bremse zu treten, sondern die Bremse rastet automatisch ein, sodass man bombenfest steht.
Bei Mercedes gab es als Äquivalent hierzu die Möglichkeit, die getretene Bremse etwas fester durchzutreten, um sie einrasten zu lassen. Somit muss man im Stillstand nicht die ganze Zeit die Bremse durchgetreten lassen, denn lässt man sie los, startet der Motor automatisch, sofort das Start-Stop-System aktiv ist.
Im Falle Skodas bleibt der ACC „anfahrbereit“. Berührt man leicht das Gasbedal, startet der Motor wieder und der Wagen rollt selbstständig an und beschleunigt auf die zuvor eingestellte Geschwindigkeit, sofern kein Hindernis voraus langsamer fährt.
Keine schlechte Sache, die für einiges mehr an Komfort sorgt.
Verbessert wurden auch die Lichtassistenzsysteme. Die adaptiven Bi-Xenon-Scheinwerfer, die sich selbst auf Kurvenlicht und in der Höhe verstellen, haben bei aktiviertem Fernlichtassistent bei Gegenlicht komplett abgeblendet und erst wieder auf Fernlicht aufgeblendet, wenn beispielsweise der Gegenverkehr vorüber war. Wie der Lane Assist hat auch der Fernlichtassistent erst bei 65 km/h reagiert, was natürlich auf Landstraßen, die eine 50 km/h Begrenzung haben, Quatsch ist.
Inzwischen aktiviert sich das Fernlicht bereits bei 50 km/h. Und statt abzublenden, bleibt es auch bei Gegenlicht aktiviert und blendet adaptiv nur die Bereiche aus, in denen das einfallende Licht registriert wird. Heißt: Der Gegenverkehr wird durch das Fernlicht nicht geblendet, aber der Fahrer selbst behält den Überblick über seine Spur, da diese weiterhin vom Fernlicht ausgeleuchtet wird.
Ebenfalls keine schlechte Idee.