Gibt es Neuerungen in der Technik, braucht es neue Namen. Entweder kommen dann aus den Marketingabteilungen einschlägige Neologismen wie beispielsweise ein „Liquid Retina Display“ oder ein „Infinity Display“ oder in Ermangelung von Marketingsprech bringt die Community einen Namen oder mehrere Namen ins Spiel von denen sich einer dann durchsetzt.
Man denke da an die Bezeichnung für „besonders große Smartphones“, die in Richtung 5″ Displaydiagonale gehen und damit quasi eine Mischung aus Smartphone und Tablet darstellen: Die Community brachte Smartlet oder Phablet ins Spiel, wovon sich letzterer Name durchsetzte.
Heute kann man nur darüber lachen, denn Smartphones mit Displaydiagonalen unter 5″ findet man kaum und der Standard liegt im Jahr 2019 irgendwo bei 6″ aufwärts. Niemand nimmt das Wort Phablet dafür mehr in den Mund.
Als Apple seine Sensoren und Kameras in eine Aussparung brachte, kam auch hier aus dem englischen Sprachraum sehr schnell eine Bezeichnung auf, die sich in aller Munde durchsetzte: Die Notch. Eine Einkerbung oder Kerbe, damit eindeutig weiblich – und dennoch finde ich in Technikblogs noch immer oft den Artikel „der“ vor dem Wort Notch. Der Notch. Ein Notch. Klingt nicht nur ungewöhnlich, ist auch falsch. Ist es das? Wenn man Notch mit Ausschnitt oder Zahn übersetzt würde der Artikel wieder passen. Wer weiß denn schon genau, was für eine Notch die Amis nun meinen?
Als die Notch sich zu einem winzigen Kamerapunkt zusammenzog und alle anderen Sensoren, die ein Smartphone so auf der Vorderseite besitzt (Annäherungssensor, Umgebungslichtsensor) entweder in die verbleibende schmale „Stirn“ des Smartphones wanderte oder gleich unters Display verbaut wurde, sprach man weiterhin von einer Notch – und weil sie wie ein herunterperlender Wassertropfen auf dem Display wirkte wurde es die Tropfen-Notch, zumindest im deutschsprachigen Raum.
Während einige Hersteller bereits ein komplett Kamerafreies-Display bieten (OnePlus, Vivo, Xiaomi mit herausfahrbaren Selfie-Kameras, Asus und Samsung mit Schwenkkameras, bei der die rückseitige Kamera zur Selfie-Kamera wird, indem sie sich nach vorne dreht) haben einige Hersteller die Kerbe in ein einziges Kameraloch verwandelt, das jetzt nicht mehr am Displayrand klebt, sondern quasi frei auf dem Display zu schweben scheint.
In Europa machte Samsung bei der Vorstellung der S10-Serie von sich reden, wenn Samsung wohl auch nicht der erste Hersteller war, der das sogenannte Punchhole (Lochstanzung) in ein Smartphone verbaute.

Bei der Bezeichnung dieser Kamera-Aussparung scheiden sich jedoch wieder die Geister und bisher hat sich noch keine durchgesetzt. Der Hole Punch ist ein Locher, eine Stanze oder auch ein Lochstempel – somit das Gerät, dass so einen Eindruck gewöhnlich auf einen Blatt Papier oder anderem Material hinterlässt.
Das gestanzte Produkt, also eben jenes Loch ist dann das Punch Hole. Eben die Lochung.
Nun kann man es drehen oder wenden wie die richtige Bezeichnung wäre – mir kommt Punch Hole leichter über die Lippen als Hole Punch – legitim wäre beides.
In spätestens zwei Jahren werden wir aber vermutlich gar nicht mehr darüber sprechen, denn dann werden für uns lochfreie Smartphones selbstverständlich sein. Auch wenn eine Pop-up-Kamera, wie sie im OnePlus 7Pro verbaut ist, trotz ihrer mechanischen Komponenten und des Motors, momentan die sinnvollste Alternative zu sein scheint, ein „All-Display“ darzustellen, geht die Entwicklung weiter. Erste Prototypen von Kameras, die unter dem Display zu finden sind, gibt es bereits.