Gewollt, aber nicht gekonnt – Tom Cain schwächelt


Bei Tom Cain hab ich das Gefühl, dass er einen guten Einfall unter der Dusche hat, aber die Ausführung dann in eine völlig andere Richtung läuft. 

Seiner erster solider Actionthriller war vom Aufhänger durchaus austauschbar (Die Ermordung der Prinzessin von Wales spielte im Grunde keine Rolle mehr). Der Folgeroman »Survivor« wirkt dafür recht uninspiriert, was meiner Meinung nach daran liegt, dass der Protagonist zu lange außer Gefecht ist.

Acht Monate nach dem Attentat auf die Prinzessin von Wales sitzt Samuel Carver in einem Sanatorium in der Schweiz, während seine Freundin Aliks sich Geld als Kellnerin verdient und Carvers Sachen verhökert, um die Kosten für das Sanatorium zu bezahlen. Carver hätte genug Geld, um einen jahrelangen Aufenthalt in der Klinik zu garantieren, doch er ist kaum ansprechbar und erinnert sich nicht, wo das Geld versteckt ist.

In der Zwischenzeit plant der von Krebs geplagte Gangster McCabe seinen letzten großen Coup. In einem Anfall von religiöser Erleuchtung meint er, deutliche Zeichen setzen und die Welt in den Untergang steuern zu müssen, damit sie sich selbst erneuern kann. Sein Mittel zum Zweck ist ein im Ruhestand befindlicher General, der über einen tschechischen Kontakt von etwa hundert russischer Kofferatombomben Wind bekommen hat, die nach dem Fall des eisernen Vorhangs spurlos aus russischen Beständen verschwunden sind.

Um McCabe zu stoppen und sich der Peinlichkeit preiszugeben, lässt der FSB (der aus dem KGB vorgegangene Geheimdienst) die Sekretärin General Vermulens töten und setzt dafür Aliks ein, mit dem Versprechen, Carvers Rechnungen im Sanatorium weiterzuzahlen. Aliks macht gute Miene zum bösen Spiel und bekommt den Job als Sekretärin. Währenddessen schickt die stellvertretende Direktorin des FSB, die dazu noch die Frau des von Carver im ersten Roman getöteten Gangsters Juri ist, einen Mörder ins Sanatorium.

Carvers traumtaisierter Zustand ändert sich durch einen Mordversuch. Er versucht wieder zu alter Form aufzulaufen, um Aliks zurückzugewinnen. Gleichzeitig tritt der britische MI-6 an ihn heran, McCabe zu stoppen, denn Carver war vor mehr als zehn Jahren bereits einmal auf die Liquidierung des Verbrechers angesetzt gewesen und hatte versagt.

Auch der zweite Carver-Roman aus Tom Cains Feder liest sich zügig und flott. Die Spannungselemente bleiben stellenweise jedoch deutlich auf der Strecke. Statt auf Tempo mit einer geradlinigen Verschwörungsstory wie im ersten Roman zu setzen, werden im zweiten Roman zu viele Nebenhandlungen ausgewälzt. Die Krönung des Zeilenschindens ist die ausführliche Beschreibung von Carvers Überlebenstraning in Norwegen, um wieder zu alter Form aufzulaufen. Das hat schon fast Rocky Balboa-Format.

Das Springen zwischen Carver-Aliks-dem FSB-McCabe-Vermulen-dem MI6 drückt die Spannung extrem – und wenn es endlich zum Showdown kommt, ist dieser auf wenigen Seiten bereits vorbei. Als Film umgesetzt drängt sich mir da der Vergleich zwischen Mission Impossible 1 und 2 auf. Wenn auch MI:2 deutlich schlechter als der zweite Carver ist.

Alles in allem bleibt Tom Cains Roman dennoch lesbar und weiß zu unterhalten, wenn er gegenüber dem Debüt auch deutlich schwächelt. Nichtsdestotrotz freue ich mich bereits auf den dritten Teil, der diesen Monat erschienen ist.

 


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