Knapp ein Jahr nach der Veröffentlichung des ersten Oyo Ebook Readers von der zweitgrößten deutschen Internetversandgruppe buch.de Internetstores AG, zu der auch bol.de und die Thalia Webpräsenzen gehören, bringt der Hersteller Medion das Nachfolgemodell auf den Markt.
Wir erinnern uns, dass es gerade auf Facebook als Forum eine Menge Protestrufe zum ersten Oyo gegeben hat. Für 139 Euro war das Gerät seinerzeit zu einem Spitzenpreis zu haben, kosteten andere Reader doch mindestens 50 Euro mehr bei kleinerem Display. Neben dem deutlich schlechteren SiPix Display (gegenüber dem herkömmlichen e-Ink) litt Oyo an diversen Krankheiten. Zunächst an der miserablen Verarbeitungen, die Risse im Kunststoff und Displayrisse- und Brüche nach sich zog. Dann an der unprofessionellen Firmware, die mit jedem Update die Lage nur verschlimmbesserte. Abstürze, rasantes Akkuleersaugen, lahmer Boot, extrem langes Laden einiger Bücher, verschwundene DRMs, gelöschte Bibliotheken, kein Aufwecken aus einem Deep Sleep möglich, um nur einige zu nennen.
Während andere Internetanbieter munter ihrer Flaggschiffe wechseln (Weltbild brachte nach dem Cybook Gen 3 den Cybook Opus ins Programm, wechselte dann zu TrekStor; Libri hat dagegen fast alle gängigen Epub Reader im Programm) hält Buch.de am Oyo fest und gab Medion einen Folgeauftrag.
Was bietet Oyo 2?
Zunächst hat sich beim Display wenig geändert. 6″ sind geblieben, es wird weiterhin ein SiPix Screen verbaut. Generell bieten diese Displays einen wesentlich dunkelgraueren Hintergrund, als E-Ink Panels und sind kontrastärmer als die Konkurrenz. Das hat zufolge, dass ihr dunkelblassgraue Schrift auf einem mittelgrauen Hintergrund lesen müsst. Ob das augenschonend ist, wage ich zu bezweifeln. Leider bringt hier auch das Lesen bei Tageslicht wenig Abhilfe. Wer ein aktuelles Modell mit Pearl e-Ink neben den Oyo hält, wird von dem Unterschied stark überrascht sein.
Oyo 2 hat 4 GB als internen Speicher verbaut, ist um 32 GB durch MicroSD erweiterbar. Das bringt nur etwas, wenn man Hörbücher oder Musik über das Gerät hören will. Denn 4 GB Speicher reichen locker für über 5.000 Bücher. Lasst euch die Zahl auf der Zunge zergehen und überlegt dann ganz genau wie viel 5.000 Bücher sind und wie viele Leben ihr braucht, um diese Anzahl lesen zu können.
WLAN ist an Bord, um Bücher direkt aus dem Shop (je nachdem, bei welchem das Gerät gekauft wurde, das kann also Thalia, Buch.de oder bol sein) zu kaufen und aufs Gerät zu bringen. Hat den Vorteil, dass man die Bücher nicht umständlich via USB und Adobe Digital Editions auf den Reader übertragen muss. Hat den Nachteil, dass man keine Sicherheitskopie der gekauften Bücher hat. Muss der Oyo eingeschickt werden oder geht irgendwie zu Bruch, sind die Bücher in der Regel weg. Daher sollte man nicht direkt via Reader einkaufen, sondern den konventionellen Weg wählen. Shoppen am PC/Notebook, neben der Kopie unter /my digital editions auf dem PC ruhig noch eine Kopie auf einer anderen Partition oder externen Festplatte speichern, um so effektiv und notfalls drei Kopien des Buches zu haben. Besitzt man ein zweites Epub-fähiges Gerät, gehören die Bücher natürlich auch darauf (Bei Amazon ist dieses Anlegen von Kopien übrigens nicht notwendig, da die gekauften Bücher in der Kindle Cloud bleiben und bei Bedarf jederzeit erneut abgerufen werden können, insgesamt auf 7 registrierten Endgeräten).
Da auch Oyo 2 einen kapazitiven Touchscreen mit sich bringt, ist wegen der Glasoberfläche, die auf dem eigentlichen Display liegt, wieder von Spiegelungen auszugehen, die den Lesegenuss zusätzlich zum schlechten Kontrast mindern. Anders als die Gerät von Sony oder die in den Staaten erschienenen Amazon Touchgeräte. Statt Tablettechnologie mit kapazitivem Schirm zu nutzen, verwenden diese Geräte Infrarotfelder, die Bewegungen auf dem Display registrieren und umsetzen. Die Glasplatte entfällt, die Reflexionen gehen gegen Null und schmierige Fettfinger sind kaum sichtbar. Die Infrarottechnologie ist zwar nicht so präzise und ermöglicht kein Multitouch, aber das ist bei einem Lesegerät auch nicht erforderlich. Hat darüber hinaus den Vorteil, dass man beim Warten am Bahnhof in der Kälte den Reader auch mit behandschuhten Fingern bedienen kann, was bei einem kapazitiven Display nicht möglich ist.
Ob die Firmware diesmal etwas taugt und der Oyo 2 besser verarbeitet ist, als sein Vorgänger, werden die ersten Nutzerreaktionen zeigen. De facto ist Oyo 2 aber auf jeden Fall zweierlei: Zu schwer und zu teuer. Mit 255 Gramm wiegt er 85 Gramm mehr als der neue Kindle 4 (diesen Gewichtsunterschied bemerkt man spätestens nach 20 Minuten Halten in einer Hand). Für 119 Euro bekommt man eine Displaytechnologie aufgetischt, die nicht wirklich zu einem entspannten Lesen beiträgt.
Wer sich aus welchen Gründen auch immer nicht für 99 Euro an Amazon binden will, der bekommt aber auch für Epubs und mittlerweile nur wenig Geld mehr erheblich bessere Alternativen, als den Oyo 2. Der Kobo Reader beispielsweise ist in der Weihnachtszeit für 129 Euro bei Redcoon oder Saturn zu haben. Er ist vergleichbar mit den Kindle Touch Geräten, die in Deutschland noch nicht lieferbar sind und wartet mit einem erstklassigen Pearl e-Ink Display auf. Für nochmal 20 Euro mehr gibt es sogar den aktuellen Sony Reader.
Die Preislage lag im letzten Jahr, als der erste Oyo erschien noch deutlich anders. Da war Oyo der günstigste Reader seiner Klasse. Sony wollte damals noch 230 Euro für sein aktuelles Flaggschiff haben, den Kindle gab es von amazon.de noch nicht. Den Nachfolger für 119 Euro zu offerieren ist nicht mal im Ansatz eine Kampfansage, sondern eher beschämend. Da will man die potenziellen Käufer für dumm verkaufen. Schlimm, dass doch noch genügend darauf reinfallen werden.
Danke für den Hinweis. Ich habe mal reingeschaut, dort findet sich im Mexxbooks-Shop aber nur das, was auch über Amazon.de vertrieben wird: Kindle, Kindle Keyboard und Kindlekeyboard 3G.
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